Donald Trump, Medienpolitik und das Geschäft der Empörung

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                     “Niemand ging jemals pleite, wenn er die Intelligenz der amerikanischen Öffentlichkeit unterschätzte.”

 -H.L. Mencken, “Bemerkungen zum Journalismus” (1926)

 

2 November 2016 (Milos, Griechenland) – Die neuesten Ankündigungen des FBI Directors James Comey in Bezug auf Hillary Clintons E-Mails ist ein passendes Ende für diese katastrophalen Presidentschaftswahlen.

Ein richtiger Skandal, stimmts? Der letzte Email Fall sieht ganz danach aus. Mit ausweichenden Antworten, zwielichtigen Charakteren und FBI Untersuchungen muss da doch was im Gang sein, oder? Aber genau wie bei  Saddams Massenvernichtungsmitteln wissen wir nicht wirklich, was da versteckt ist oder wo, aber es sieht doch ganz danach aus, als ob die Clintons da etwas verschweigen wollen.

Allerdings ist nicht wirklich klar, von was das FBI eigentlich spricht, wenn es von Clintons E-Mails spricht. Manche Berichte deuten darauf hin, dass diese weder von noch an Hillary Clinton selbst sind, in welchem Fall wir gerade einen riesigen “Nichts-Burger” verschlungen hätten. Schließlich wissen wir ja bereits, dass das FBI keine Ahnung hat, ob die E-Mails überhaupt irgendetwas von Bedeutung darstellen. Also was in aller Welt hat der FBI Direktor sich dabei gedacht, als er es am Freitag in seinem Brief glasklar gemacht hat, dass er gar nichts weiß? In der Regel veröffentlichen doch die Strafverfolgungsbehörden nicht die Tatsache, dass sie ahnungslos sind.

Wenn wir schon von Veröffentlichungen des FBIs sprechen, sollten wir auch noch sagen, dass es auf Beweisen von Trumps Russlandverbindungen saß, um “die Wahl nicht zu beeinflussen”….also bitte, verschont mich!

Ich bleibe an einem Satz in Comeys Brief hängen: “ … die Existenz von E-Mails, die relevant zu sein scheinen”. Irgendjemand hat genug davon gesehen, um diese Aussage machen zu können.

Ich bin ein Zyniker. Das FBI stolperte über eine Fundgrube aus E-Mails von einem von Hillary Clintons Spitzenmitarbeitern, und das vor Wochen. Für diejenigen von uns in der e-discovery Welt ist es klar, dass das FBI e-discovery und Textanalyse Technologie hat, mit der es ein Leichtes wäre, einen “ersten Durchlauf” zu fahren und herauszufinden, ob sensible E-Mails vorhanden sind. Wenn das FBI glauben würde, das diese E-Mails Clinton belasten könnten, könnten sie bereits am gleichen Tag eine gerichtliche Verfügung vorliegen haben und hätten innerhalb weniger Stunden die E-Mails gescannt haben können. Die E-Mail des FBI Directors war politisch motiviert, um die Presidentschaftswahlen zu manipulieren. Schluss aus.

Wie Edward Luce, führender Washington Korrespondent für die Financial Times, am Wochenende ausführte:

“Autokratien bauen auf Angst auf. Demokratien werden durch Vertrauen zusammengehalten. Das rücksichtslose Timing von Herrn Comeys Veröffentlichungen, dass er die Untersuchungen von Clintons E-Mails erweitern würde, passiert, wenn Beamten schwanken.

Wenn Trump nächst Woche gewinnt, hat er geschworen, Clinton ins Gefängnis zu bringen. Seine Anhänger singen bei jeder Wahlveranstaltung: “Sperr sie ein”. Falls Clinton gewinnt, wird Trump mehr Comeys finden, die einschüchtern können. Wenn in einer Demokratie die eine Seite mit präemptiven Anschuldigungen von Hochverrat herumschmeißt- und es gibt keinen schlimmeren, als eine Präsidentschaftswahl zu manipulieren- dann schrumpft der Boden, auf dem das Gesetz steht. Es ist schwerer, blinde Gerechtigkeit aufrecht zu erhalten oder einen neutralen Prozess zu verwalten, wenn ein Sturm um einen heult.Trumps Kampagne ist ein heulender Sturm. Herr Comey hat sich gerade bloßgestellt.”

Dass die USA vor Jahren eine Oligarchie geworden ist, ist eine Tatsache. Dass sie auf der Schwelle ist, eine Autokratie zu werden, lässt Schlimmes ahnen. Und sollte es einen in einem Land, das so grundlegend geteilt ist, wundern, wenn Neutralität als Absprache behandelt wird?

Und ich kann nicht die einzige Person sein, die Trump sieht und an den teuflischen Colonel Jessep im Film “Eine Frage der Ehre” denkt, in dem beide Männer aus trotzigem Stolz gestehen, nicht aus Scham. Und wenn Billy Bush Trump dazu bringen kann, “Umkleideraum Sachen” zu sagen, wie Melania Trump in ihrem Interview mit Anderson Cooper behauptet, na ja, … dann können wir uns vorstellen, was Putin mit ihm machen kann.

 

Und die Medien…. verzweifelt nach einem neuen Schuss Adrenalin suchend, noch eine Wende in der Geschichte, die das wahrscheinliche Wahlergebnis auf den Kopf stellen kann… HURRA! Ein Geschenk des Himmels! Oh, und Manna vom Himmel!  Anhänger auf beiden Seiten sind besessene Konsumenten jedes einzelnen Schnipsels von Information geworden, der die Waagschale aus dem Gleichgewicht bringen könnte.  Und die Medien haben ihre Anzeigenpreise kontinuierlich während dieses Wahlzyklus erhöht, um daraus Nutzen zu ziehen. Information, die auf Angst basiert, verkauft sich gut. Wie ein altes amerikanisches Mediensprichwort sagt: “Was blutet, zieht”.

 

Dies ist das Thema dieses Aufsatzes und es passt in mein Mantra von Amerika, das einfach nur noch ein Platz ist, an dem Geld alles ist, in jeder Facette des Lebens. Für mich ist Amerika ein soziologisches Experiment, das furchtbar schief gegangen ist. Donald Trump ist der Preis, den man dafür zahlt, in einer Marktplatzkultur zu leben. Korporatismus regiert.

 

Na ja, ich muss gestehen, dass ich ein bisschen einen Nachteil habe. Für diesen Wahlzyklus bin ich auf dieser Seite des Atlantischen Ozeans gewesen, bis auf einen kurzen Aufenthalt in den Staaten aus medizinischen Gründen, der aber ein Gespräch mit einem früheren Jurastudenten (wie unten besprochen) beinhaltete, welcher ein Gastgeber im Dienst der Republikanischen Partei ist und –zu meinem Erstaunen und Schrecken- eine Teilnahme (auf seine Einladung hin) zu einer von Trumps Wahlkampfveranstaltungen. Aber die meiste Zeit war es “Medien Rede”, welches der französiche Autor (und Unternehmer) Jean-Louis Gassée nennt “brouet de sorcières dont nous louche off ce qui convient à vos sentiments” (Welches, übersetzt etwa bedeutet “ein Hexengebräu, von dem wir das löffeln, was immer zu unseren Gefühlen passt”) … plus ein Haufen von Büchern und Zeitschriften über die Wahl. Ich habe mir sogar die Zeit genommen, einige der The Federalist Papers (Föderalistenartikel) zu lesen.

Oh ja, nicht zu vergessen der Beitrag meiner Frau: F. Scott Fitzgerald, und dabei besonders das Zitat aus Der große Gatsby, das der Tom Buchanan Character äußert:

“Wenn wir nicht aufpassen, wird die weiße Rasse- wird sie absolut versenkt werden. Es liegt an uns, als der dominierenden Rasse, aufzupassen oder sonst werden diese anderen Rassen die Kontrolle über die Dinge haben.” 

Wir haben eine Sammlung von F. Scott Fitzgeralds Briefen und es ist es wert, anzusehen, was er sagt, das dieses Zitat inspiriert hat.  Der Roman wurde 1925 geschrieben und veröffentlicht, spielt aber im Sommer 1922. Der Kongress hatte gerade ein Gesetz verabschiedet, das die gesamte Immigration einschränkte. 1924 beschloss er ein weiteres, das die katholischen und jüdischen “Horden” von Süd- und Osteuropa zum Ziel hatte, “Saatbeete der Anarchie” und des “Bolschewismus”.  Buchanan würde später zu dem konservativen Nationalisten Pat Buchanan werden 🙂

 

Zuerst möchte ich einen kleinen Teil der amerikanischen Geschichte  anschneiden, denn wir haben all diesen Rassismus, die Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, die durch Donald Trumps Präsidentschaftskampagne hervorgerufen werden, schon viele, viele, viele Male vorher gesehen. Oh, wie schnell die Amerikaner vergessen. Ja, die normale Erklärung für Trumps Erfolg, besonders in den Massenmedien, ist die Kombination von Rassismus und Xenophobie.

 

Aber das sind eher Beinamen denn sinnvolle Beschreibungen. Ehrlich gesagt hat die amerikanische Bevölkerung des 21. Jahrhunderts mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Aufstieg der asymmetrischen Gefahr von Terroranschlägen die Lust auf globales Engagement – militärisch, politisch, wirtschaftlich und kulturell gesehen- verloren. Selbst wenn Trump verliert- immer noch das wahrscheinlichste Ergebnis- werden seine Wähler nicht weggehen und auch nicht die Angelegenheiten, die er angesprochen hat. Also müssen wir uns mit einigen davon beschäftigen.

Ich werde später meine Ausführungen damit beenden, die größeren Kosten aufzuzeigen, die aus Trumps Sieg resultieren, oder sogar aus einem Sieg Hillary Clintons.

Die Wut frisst an Amerika

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Das Zitat, das diesen Text einleitet, ist eines der freundlicheren und witzigen Bemerkungen des bissigen amerikanischen Journalisten/Schriftstellers, Verlegers und Sozialkritikers und Denkers H.L. Mencken. Ich würde gleichermaßen annehmen, dass niemand je pleite ging, der die Wut des amerikanischen Volkes überschätzte. Das Land ist in einer ungewöhnlich entflammbaren Stimmung. Und da dies Amerika ist, gibt es auch viele Geschäftsleute, die diesen Zorn zu Geld machen- ihn anheizen,  manipulieren und in Profit spinnen. Es sind die Unternehmer der Empörung und die Barone der Bigotterie, die den Weg für Donald Trumps Aufstieg geebnet haben – und die ihm den Orkanwind gegeben haben, alles in dieser Wahlsaison auf den Kopf zu stellen.

Und das ist nur ein logischer Schritt in einer sich lange entwickelnden Geschichte. Amerika hat seine demokratischen Prinzipien in Schutt und Asche gelegt, wie Ereignis nach Ereignis im Laufe der Geschichte gezeigt hat.

Als historische Korrektur sei Folgendes bemerkt. Das Mencken”Zitat” (die meisten Quellen, die es verwenden, zitieren es nicht korrekt) ist in Wirklichkeit die traditionelle Paraphrase, von dem, was Mencken tatsächlich schrieb- nicht ein wirkliches Zitat. Genau wie der Satz “Information will frei sein” paraphrasiert und ad infinitum benutzt worden ist, scheint hier der volle Kontext zu fehlen. (Vgl. meinen kurzen Text hier, der diesen Satz erklärt).

Mencken pflegte Kolumnen für die Chicago Daily Tribune zu schreiben. In seiner Kolumne am 19. September in der Ausgabe von 1926 betitelte er seinen Artikel mit “Bemerkungen zum Journalismus”.  Sein Fokus lag auf dem damaligen Trend im amerikanischen Zeitungsgewerbe, das später “Tabloid Zeitungen” genannt wurde (er prägte diesen Ausdruck), der beinhaltete, die ungebildeten Leser anzusprechen, inklusive der von Mencken als “Fast- Analphabeten” bezeichneten Leser.

Es war eine Maßnahme der Zeitungsunternehmen, weniger Substanz und Intellekt in ihren Produkten anzubieten als reguläre Zeitungen wie The Tribune – in der Hoffnung, ihre Ware an die Massen verkaufen zu können.

Ich werde die Einzelpunkte überspringen, die Mencken über den Jounalismus, die Bildung, die Massenmedien, etc. machte (ich bin ein Mencken Fan; ich habe fast alle seine Schriften) und will hier nur den entsprechenden Absatz aus dem Stück hervorheben:

“Niemand in dieser Welt hat, soweit ich weiß – und ich habe die Unterlagen durchsucht und Leute beauftragt, mir zu helfen- jemals Geld verloren, wenn er die Intelligenz der breiten Masse der einfachen Leute unterschätzt hat. Niemand hat je ein öffentliches Amt dadurch verloren. Nur weil die einfachen Leute in der Lage sind, zu sprechen und zu verstehen, und sogar in vielen Fällen lesen und schreiben können, wird angenommen, dass sie Ideen in ihren Köpfen und Appetit auf mehr haben. Diese Annahme ist eine Torheit.”

Blickt man auf die Medien und die politische Landschaft von heute, scheint  Menckens Ansicht vorausschauender denn je zu sein. Aber die Frage in der amerikanischen Politik heutzutage ist, ob der Milenstein, den wir erreicht haben, das Ende ist… oder ein weiterer Wegweiser auf einem langen Weg.

Amerikas vierter Präsident, James Madison, sah die amerikanische Verfassung als Repräsentation, die durch Konkurrenz zwischen Fraktionen gemildert ist. In der 10. föderalistischen Schrift, geschrieben 1787, argumentiert er, dass große Republiken besser vor Korruption geschützt  seien als kleine oder “reine” Demokratien. Eine große Wählerschaft in einem weiten Rahmen wäre eher befähigt, Menschen auszuwählen, die “erleuchtete Ansichten und tugendhafte Gefühle” hätten.

Aber was wir bekamen, war eine große Wählerschaft, die von einer winzigen Fraktion dominiert wird. Die Tatsache, die Madison nicht vorhersehen konnte, war das Ausmaß, in dem uneingeschränkte Kampagnenfinanzierung, eine raffinierte Lobbyindustrie und eine von Medien und Unterhaltung besessene Kultur eine ganze Nation dominieren würden.

In der Welt, so wie wir sie kennen, werden die “Demokratien” in Europa und Nordamerika seit langem als leitendes Beispiel dafür angesehen, wie eine vom Volk geführte Regierung bestehen kann. Diese Idee ist nun in Gefahr, da Donald Trumps demagogischer Aufstieg antidemokratische Bedrohung der Minderheiten, der Journalisten und des Wahlsystems selbst in Gang setzt. Seine Anhänger sind zum Teil dadurch vereint, dass sie ein Gefühl des Untergangs und der Verfolgung hegen (manches davon aus gutem Grund) mit der Idee, dass ihre Welt dabei ist, ein Ende zu finden und dass sie sie zurückerobern müssen.

Um es ganz simpel auszudrücken, hat Trump einem ungehörten Amerika eine Stimme gegeben, den “Habenichtsen”. Der republikanische Kandidat bedeutet seinen Anhängern vieles Unterschiedliche, aber alle sind sich darin einig, dass sie sich von Washington ignoriert fühlen. Sie hören vom Glanz der Globalisierung durch die Reichen der Welt, aber weißt du was? Dieser “Scheiß Wohlstand” ist nie richtig geteilt worden!

Besonders amüsant (wenn das das angemessene Wort ist) ist, dass der Rassismus, die Xenophobie und die Gewalt der Wahlkampagne von Donald Trump weithin als Aberration angesehen wird, als sei eine vernünftige Debatte der Standard der amerikanischen Politik. Aber die meisten haben ihre amerikanische Geschichte vergessen (oder einfach nie gelesen), weil ja auch Vorgänger vor Trump existiert haben, Kandidaten, die auf Gold in den Wahlen gestoßen sind, weil sie übertriebene Ängste angesprochen haben, wirkliche Beschwerden und grundlegende Vorurteile.

Erinnert sich niemand an die Anti-Iimmigranten-Partei “Know-Nothing” der 1850er? Oder die Weißen Vorherrschafts Politiker der Jim Crow Ära? Oder die moderneren Hausierer und Demagogen wie Joe McCarthy und George Wallace?  Oder wie wäre es mit den respektableren Typen wie Richard Nixon, deren “Südstrategie” eine Blaupause für die Mobilisierung weißer Ressentiments über die Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung bot?

Ich weiß, ich weiß, ich weiß: dass “respektabel” und “Nixon” in dem selben Satz erscheinen können, zeigt, wie sich meine politischen Standards seit den 70er Jahren geändert haben.

Und die Dinge, die über Rassen und Geschlechter und Gruppen und Gegner und andere unverschämte Handlungen in der Vergangenheit dahingesagt wurden? Es war nicht Trump, der Dr. Seuss im Kongress las, um eine routinemäßige Haushaltstdebatte zu obstruieren. Es war nicht Trump, der über Massenvernichtungswaffen log. Es war nicht Trump, der Willie Horton benutzte oder Trump, der einen dekorierten Kriegshelden übel verleumdete.

Trump ist nicht die “neue” Anomalie, die das Paradigma ändert, sondern eher das Ergebnis jahrelanger eklatanter Lügen und surrealer Machenschaften und Widersprüche. Trump ist nurmehr einen Schritt weiter gegangen, ein opportunistisches Raubtier, das sah, dass Lügen, Verleumdung und Behinderung der Regierung keine Nachteile bringt und setzte sie einfach ein. Aber wir haben solche wie ihn schon vorher gesehen.

Gewalt ist nicht unbekannt in der amerikanischen politischen Geschichte. Sogar in der Kolonialzeit veließen sich die Führer des Widerstands gegen die britische Kolonialherrschaft und auch die Führer der Gegenseite nicht nur auf abstrakte Diskussionen über Besteuerung und Repräsentation, sondern auch auf außergesetzliche Kommitees und gewalttätige Pöbel; Gegner wurden geteert und gefedert. Jede Seite terrorisierte ihre Kritiker.

Und weit in das 20. Jahrhundert hinein hatten südliche Schwarze, die das Wahlrecht ausübe wollten, gewaltätige Vergeltungsschläge des Ku Klux Klans und ähnlicher Gruppen zu fürchten. Mal ehrlich: Rassismus, Gewalt, verleumderische Angriffe auf die Gegner usw., waren von Anfang an Teil der amerikanischen politischen Kultur.

Ach, die verherrlichte Übertreibung der amerikanischen Revolution hat ihren Weg in die Geschichtswissenschaft gefunden und uns in unserer Ausbildung in der Jugend einer Gehirnwäsche unterzogen: die Idee wurde uns eingetrichtert, dass das amerikanische Volk nicht eine “schlechte” Revolution führte wie die Franzosen oder Russen, die zu einem gewaltätigen Klassenkonflikt degenerierte, sondern dass wir, das “vereinigte” amerikanische Volk, gegen die britischen Machthaber mit Zurückhaltung und Anstand rebellierten.

Oh je. Diejenigen von uns, die zur Universität gingen und einige Vorlesungen in amerikanischer Geschichte belegten, wurden durch Arbeiten von Bernard Bailyn, Edmund Morgan und Gordon Wood einer Gehirnwäsche unterzogen. Rausgefilter und –gewischt wurden die enormen Klassen- und Wirtschaftskonflikte, die das koloniale Amerika teilten und die diversen, häufig gewaltätigen Differenzen bei unterschiedlichen politischen Überzeugungen. Wie John Adams so berühmt sagte, als er den ersten Kontinentalkongress, der 1774 einberufen wurde, beschrieb: “Die Delegierten waren Fremde, nicht vertraut mit den Ideen und Erfahrungen der anderen und der Diversität der Meinungen.” Es gab keine Einheit in den politischen Überzeugungen.

Also vergessen wir Bailyn, Morgan und Wood. Wir hätten Eric Foner, Alan Taylor, Daniel Vickers und Ian Williams lesen sollen. Wie sie schrieben, hatten die politischen Ideologien, die die Kolonisten motivierten, tiefe und komplexe Wurzeln, aus tiefen sozialen und klassenbedingten Konflikten. Und es waren “viele Überzeugungen”, die als primäre Motivation der Revolution dienten; viele verschiedenen Gründe.

Ich werde es hierbei belassen. Ich bin dabei, eine detalliertere Schrift aufzusetzen mit dem Titel: “Our feuding founding Fathers” (Unsere verfeindeten Gründerväter) als Resultat der kürzlich beendeten Arbeit an zwei Kompendien von Briefen und Tagebüchern von John Adams and Benjamin Franklin und einem kürzlich erschienenen Buch des oben erwähnten Alan Taylor mit dem Titel American Revolutions (Amerikanische Revolutionen) (den Plural beachten!)) über die USA von 1750-1804.

Mein Hauptaugenmerk auf den folgenden Seiten liegt auf der ritualen Vorführung der Demokratielegende im Herbst 2016, welche einen auffälligen Verbrauch von 15,8 Milliarden Dollar an Wahlkampffonds verspricht. Genug Geld, Gott sei dank, um zu zeigen, dass unsere Fahne immer noch weht.

Wie und warum haben uns die Medien Donald Trump gegeben? Wie haben wir uns von Kanditaten wegbewegt, die als Produkt Placement stehen, die eher gesehen als gehört werden sollen, deren Qualität aus den “Herstellungskosten” abgeleitet wird, zu Trump, der Bomben in der Luft platzen lässt? Auf …. buchstäblich…. Spielshowkandidaten?

Wie haben wir bloß zugelassen, dass die komerzielle Oligarchie, die für die Politiker und die Berichterstattung in der Presse zahlt, die Demokratie behandelt, als sei sie eine Talk Show mit Gästen, die allein im  green room sitzen (Aufenthaltsraum in Studios, in dem Darsteller warten, bis sie vor die Kamera gebeten werden. [Anm. des Übersetzers]) mit einer Flasche Wasser und einer Banane, bewaffnet mit Zeitungsausschnitten von “vor-langer-Zeit-war-ich-ein-Star”, mit Presseausschnitten, dies zu beweisen, darauf wartend, zwischen der Schampoowerbung und dem Demagogen auf die Bühne gerufen zu werden. Also, ich werde versuchen, dies zu erklären. Zumindest ist dies meine Interpretation.

All dies erfordert ein tiefgehendes Denken, denn die Mainstream Medien sind oft wenig hilfreich, besonders bei der Berichterstattung über die gespielten Debatten. Schließlich fragen sie nicht, ob die Kandidatien gute Argumente geliefert haben, die wir als richtig anerkennen, sondern ob sie gute Argumente dafür haben für das, was sie glauben, dass Wähler als wahr erkennen.

Die Salon-Autorin Amanda Marcotte beschreibt Mike Pences Vorstellung in der Vizepräsident-Debatte aus einer eher entmutigten als aus einer taktischen Sichtweise. Sie sagt, das die Aussage, dass Pence die Debatte “gewonnen” habe, gleichbedeutend damit ist zu sagen, dass “es völlig egal ist, ob jemand ein Lügner und ein Moralungeheuer ist, Hauptsache, er gerät nicht in Schweiß.”

  

Das Publikum für die Medienbarone der Bigotterie

 

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(“Fakten sind bedeutungslos. Du könntest Fakten dafür benutzen, alles zu beweisen, das nur annähernd wahr ist!”)

 

Aus allem, was ich gelesen habe, aus den Gesprächen mit Familie, Freunden und Kollegen, muss ich ableiten, dass es doch darauf hinausläuft, dass Trumps Wähler nicht durch ihre wirtschaftliche Not definiert sind, sondern dadurch, dass sie gewillt sind, eine besondere Erklärung für diese Not anzuerkennen, nämlich dass diese hervorgerufen wurde durch einen schwarzen Präsidenten, der im Bunde steht mit dunklen liberalen Leuten, die ihre Jobs geklaut haben, ihren “Lifestyle” und ihren Status.

 Als ich Anfang Sommer in Chicago war, erklärte Gabe Zeptum, ein Soziologe, der die Anfänge der “Tea Party” studierte, diese  Bewegung als Menschen, die sich selbst als von “Vordränglern” verraten sehen- von Schwarzen, Einwanderern, Frauen und Homosexuellen- die sich vor sie drängeln in der Schlange für den American dream.  Südstaatler fühlen sich bevormundet und gedemütigt von Nordstaatlern, die ihnen sagen, wen sie bemitleiden sollen und die sie dann als bigott beschimpfen, wenn sie es nicht tun.

 Sie fühlen, dass sie Opfer von stagnierenden Löhnen und den Zustand erhaltende Maßnahmen sind, ohne aber sich wie Opfer auszudrücken. Sich quälende Südstaatler bemitleiden sich nicht selbst. Sie glauben daran, dass sie ehrenwerte Menschen in einer Welt sind, wo traditionelle Quellen der Ehre -Glaube, Unabhängigkeit und Ausdauer- unerkannt zu bleiben scheinen. Na ja, bis Donald Trump damit anfing, Hoffnung und emotionale Bestätigung anzubieten.

Das ausschlaggebende Argument war für mich die oben genannte Wahlkampfveranstaltung. Ich traf einen Typen…. einen der wenigen Gebildeten der Gruppe…, der über den “Trump Zug” sprach. Er redete von Trumps “Erfolgsbilanz” (ich war nicht da, um zu diskutieren) und er gab zu: “Ja, er redet übel, spricht wie ein Matrose und ich werde nie mit ihm in jedem Punkt einig sein.”

Aber dann kam das Geld ins Spiel:

“Die Sache ist die: niemand hat bisher meine Probleme lösen können und dieser Mann sagt, dass er es kann. Ich glaube ihm und ich werde ihn anstellen, damit er den Job erledigt. Wir Anhänger von Donald Trump stimmen nicht mit allem überein, das er in der Vergangenheit getan hat und wir würden uns wünschen, dass er es uns leichter machen würde, uns für ihn einzusetzen und für ihn zu kämpfen, aber der Trump Zug wächst und wächst und wächst.”

 

Ja. Vergessen wir Automatisierung! Vergessen wir Globalisierung! Vergessen wir Jahrzehnte von republikanischer Fiskalpolitik, die die Infrastuktur und das Humankapital der Nation vertrocknen ließ, während sie mit dem Gewinn des Wirtschaftswachstums die Reichen noch reicher machte. Vergessen wir die persönliche Wahlfreiheit für höheren Schulen und zusätzliches Training. Vergessen wir die Tatsache, dass die Fähigkeit der niedrig- und mittelqualifizierten Arbeitskräfte, ein Leben der Mittelklasse zu führen ein Artefakt eines besonderen Augenblicks in der Wirtschaftsgeschichte der Nation war.

Erinnern wir uns nur daran: Barack Obama, ein schwarzer Mann, war Präsident, als unser Moment endgültig vorbei zu sein schien, als “unser Zug die Station verließ”. Und er WOLLTE es so.

Für Menschen, die Trump hassen, ist so eine standhafte Loyalität schwer zu verstehen. Und um einen Kick hinzuzufügen, sagte ein Kollege, mit dem ich im Mittleren Osten Flüchtlingsangelegenheiten bearbeite: “Wir haben einen neuen Meilenstein erreicht. Zum ersten Mal in der Geschichte ist es einfacher die Politik des Mittleren Osten zu verstehen, als die Politik Amerikas.”

Das große Buch in dieser politischen Saison (es war der letzte Schrei in “D.C. Bubble”), das uns in all dies einführt, ist J.D. Vances “Hillbilly Elegy” (“Hinterwäldler Elegie”). Vance wuchs in Ohio als ein Sohn einer Alkoholikerin und Drogenabhängigen und eines abwesenden Vaters auf in einer der depressiven Industriestädte im Herzen Amerikas. Er geht ausführlich auf Tribalismus ein, auf Misstrauen gegenüber Außenseitern und “Eliten”, Gewalt und Unverantwortlichkeit bei Familienmitgliedern, Eltern ohne einen Sinn für Verantwortung, furchtbare Arbeitsethik, eine “Wir-gegen-die-da” Mentalität, die die Menschen, die so leben, dazu verdammen, noch ärmer zu werden, noch abhängiger und noch mehr zum Außenseiter zu werden.

Trumps Kraft, wie von Vance in mehreren Medieninterviews, die sein Buch diskutieren, erwähnt, liegt darin begründet, dass er bei diesen Menschen so populär ist. Er “bekommt” seine Trump-Leute. Sein Kernpunkt ist dabei:

“Trump ist Opium für die Massen. Was Trump anbietet, ist ein leichter Fluchtweg aus diesem Schmerz. Seine Versprechen sind die Nadeln in Amerikas kollektiver Vene. Trump ist kulturelles Heroin. Er schafft es, dass sich manche für eine Weile besser fühlen. Aber er kann nicht heilen, was ihnen fehlt. Und eines Tages werden sie dies feststellen.”

 

Reich werden durch das Drängen der Politik ins Extreme

 

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Menschen erschaudern bei seiner Vulgarität, sie klammern sich an ihre Perlen. Die Unreife so vieler Momente. Der Instinkt des Demagogen, die wütendste Stimme im Mob zu verstärken.

Von Anfang an haben sich die Medien, anstatt Details über Trump im Laufe seiner Karriere zu enthüllen und zu vermitteln, auf seine Berühmtheit konzentriert und seine bombastische Rhetorik und haben dadurch seiner Basis erlaubt, sicher zu werden und sich zu verschanzen. In all der rassistischen, frauenfeindlichen, hasserfüllten Herrlichkeit. Und es kommt noch schlimmer: wir haben den Alt-Right (Alt-Rechts), den irreführenden Namen für eine bunt zusammengewürfelte, aber konsequent abstoßende Bewegung, die bis jetzt nur im Internet gediehen ist, welche sich aber schon unübersehbar und nahtlos in die amerikanische Politik einfügt. Diese düstere Errungenschaft zeigt auf, wie die Außenseiter nun umgekehrt in Ideologie und in den Medien über den Mainstream herrschen.

Warum? Weil durch die Behandlung von Trumps Kampagne als eine Nebenveranstaltung, bei der jeder Moment mit ihm mit Vergnügen beobachtet wird, für Spaß und damit für Clicks gesorgt hat. Das bedeutete Webverkehr. DAS BEDEUTETE GELD!!

Und seien wir ehrlich. Das Problem ist auch, dass die Medien und Politiker unter einer Decke stecken. Die großen Medienoperatoren in der Politik werden dafür bezahlt, aus Stroh (Bush, Cruz, Rubio & Co.) Gold zu machen. Sie werden bezahlt, gut bezahlt, dieses zu erreichen.

Und um dies zu tun, müssen sie mit ihren großen operativen Mediengegenübern… eben in den Medien zusammenarbeiten. Und so werden Eimer voll Geld in Werbespots geschüttet.

 

Wie Rolling Stones Matt Taibbi früher in diesem Jahr bemerkt hat in der Serie Ad Age, sagte sogar CBS Präsident Leslie Moonves, dass die Medien nicht ausgeschimpft werden sollten für die Clicks und Kicks, die sie für die Leser bereitstellen. Sie haben einen offenen Anreiz, Trump zu unterstützen… und er hat sich offen über das Werbegeld  gefreut.

“Was für eine Spaß Trumps Kampagne in mein Network gebracht hat. Und das Geld. Es ist schlimm, dies zu sagen. Aber, hey, Donald, leg los! Mach weiter!”

 

Und Trumps Sättigung des Medienmarktes zeigt, dass er wusste wie das Spiel zu spielen ist. Statt sich auf traditionelle Kommunikationsmethoden zu verlassen, nutzte er bezahlte Werbung, sorgfältig ausgewählte Interviews, korporativ erarbeitete Facebook Beiträge- er wurde zum Medium und zur Botschaft, unberechenbar und immer da. Ein großer Verkaufsschlager.

MERKE: Vor zwei Wochen startete er eine nächtliche Talkshow (“Trump Tower Live!”) auf seinem Facebook Lifestream, offensichtlich ein Vorläufer des bevorstehenden TRUMP TV. Ich konnte nur an seine Tochter denken, Ivanka Trump. Nach den atemberaubenden Rezensionen über das Kleid, das sie auf der wichtigen Rede des republikanischen Kongresses trug, ging sie damit im Internet hausieren. Trumps sind eben Trumps.

Der Donald ist entstanden aus den populistischen Zirkussen des Pro Wrestling und den New Yorker Boulevardzeitungen, über Reality TV und Twitter, um James Madison recht zu geben:

“… Demokratien waren immer schon Spektakel der Turbulenzen und Konflikte und waren im Allgemeinen genauso kurz am Leben wie grausam in ihrem Tod.”

Ist es etwa ein Wunder, dass Roger Ailes Trumps Medienberater ist? Er ist der Unternehmer des reaktionären Populismus… und in Ungnade gefallener früherer Vorsitzender und CEO von Fox News. Wer weiß mehr von den überzeugenden Eigenschaften des Fernsehens und hat nicht nur die amerikanische Programmierung studiert, sondern auch die Filme von Leni Riefenstahl.  Solch eine Inspiration!

Und die Debatten? In Rechnung gestellt und verkauft als Unterhaltung:

 

“Clinton vs. Trump, Kopf an Kopf!

Sehen Sie Hamilton und Madisons Traum zu Ende gehen!

Live um 21.00 Uhr!”

 

Adam Gopnik des The New Yorker Magazins erklärte es am besten:

“Die Debatten waren scheinbar von einem Gott im Vince McMahon Modus arrangiert, der entschied, dass in dieser Runde der gute Kerl, oder Frau, gewinnen würde. Der guttrainierte und gemanagte Ringkämpfer bearbeitete das höhnische Großmaul mit der Maske und dem Cape mit Fäusten bis zur Unterwerfung, während die Menge zu Hause jubelte.”

Jay Rosen, Medienkritiker, Schriftsteller und Professor für Journalismus, hat festgestellt, das Fox News ein Quintessenzbeispiel für Clay Christensens “disruptive Innovatoren” sei. Sie entdeckten einen riesigen unterversorgten Markt, Menschen, die interessiert an Nachrichten waren, die aber wenig gemein hatten mit den Ivy League Universitäts-gebildeteten Liberalen, die die normalen Nachrichtenagenturen wie NPR beherrschten. Sie bauten auf ein Millionenpublikum und zeigten, im Gegensatz zu dem was Marshall McLuhan, ein Medienfachmann sagte, dass nicht das Medium wichtig ist, sondern die Botschaft.

 

Und die Botschaft war Empörung. Die Botschaft, die ins Haus geflattert kam… und Millionen von Dollar in die Kassen brachte. Fox News und Konsorten wie Rush Limbaugh, Bill O’Reilly, Sean Hannity & Co. … sogar Matt Drudge und Andrew Breitbart auf ihren eigenen Kanälen  … haben die Welt in zwei Teile geteilt- hart arbeitende Amerikaner, die ums Überleben kämpfen gegen Liberale, die sie hinters Licht führen. Denn die Medien (genauso wie die Politiker) sprechen zu Zielgruppen und marktfähigen Demographien- Amerikaner, die sich nicht als solche auszeichnen, weil sie Amerikaner sind, sondern durch ihre Nebencharakteristiken, die sie zu Waren reduzieren: Waffentragende Amerikaner, weibliche Amerikaner, weiße Amerikaner, Afroamerikaner, Swing-State Amerikaner, homosexuelle Amerikaner, hispanische Amerikaner, amerikanische Ureinwohner, christliche Amerikaner, entfremdete Amerikaner. Die Unterordnung des Substantivs unter das Adjektiv spottet der demokratischen Prämisse. Es fördert bittere Trennung und nicht die Zusammenführung zu einem guten öffentlichen Ganzen.

Und Wut verwandelt sich leicht in Bigotterie. Diese “Nachrichten” Kanäle verschoben die Grenzen. Sie haben den rechtsextremen  Hassgruppierungen eine Plattform zur Verfügung gestellt.

Aber die Lektion, die da zu lernen war, hieß, dass Geld in Bigotterie steckt. Anscheinend schrecken wenige Werbetreibende davor zurück mit toxischem Inhalt in Verbindung gebracht zu werden, wenn sie nur gesehen werden.

Debbie Sarano, die die konservativen Medien studiert, sagt, deren Lieblingsmuster in Nachrichten sind

“die Sondermeldungen, die nicht über das Oberflächliche hinausgehen. Die Notwendigkeit, die Story zu bringen und damit die Einschaltquoten zu bekommen, bringt die Reporter häufig dazu, keine gründlichen Tatsachenprüfungen mehr durchzuführen. Und fast nie wird ein Reporter irgenwelche Ungenauigkeiten korrigieren und fehlende Elemente einfügen. Denn es ist die erste intensiv emotionale Berichterstattung und der Sensationalismus, die ausschlaggebend sind”.

Matt Taibbi hat festgestellt, dass Medien, die auf Furcht basieren – besonders so, wie in den konservativen Medien praktiziert- mehrere Schlüsselelemente haben:

(a) das Gefühl, dass die Nachbarschaft und Gemeinden nicht sicher sind.

(b) der Glaube, dass die Kriminalitätsrate steigt.

(c) die Überschätzung des Risikos, selbst ein Opfer zu werden.

(d) die Vorstellung, dass die Welt ein gefährlicher Ort ist.

Und er stellt auch fest, dass die liberale Presse häufig ebenso schuldig ist. Weg sind die Richtlinien, unter denen er aufgewachsen ist: ein Gefühl der Verhältnisse, das Gewissen und am wichtigsten, die Wahrheit erzählen zu müssen.

 

Die Zukunft der amerikanischen Hassmedien

 

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Die unmittelbaren Konsequenzen werden hässlich sein. Angenommen, Hillary Clinton gewinnt. Sie wird sich einer Opposition stellen müssen, die sie verteufelt und ihre Legitimität anzweifelt, egal wie groß der Spielraum ihres Erfolges ist. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass die Republikaner noch stärker behindernd und zerstörerisch sein können als in den Obama Jahren, aber sie werden einen Weg finden.

Der Wut-Boom ist sehr wahrscheinlich nicht zu Ende. Angenommen, Trump verliert. Dann werden die konservativen Medien immer noch die Machenschaften der Clinton Familie im Auge haben, womit weiter Profit aus denen geschlagen wird, die sie hassen. Und sie sind im Hassgeschäft.

Vielleicht noch wichtiger: der “Trumpismus” wird nicht weggehen. Während die Wahl von 2016 einem ungetrübten Ende entgegen sieht, scheint es grausam sein zu berichten, dass das Präsentschaftsrennen von 2020 schon auf dem Weg ist. Ein enger Freund von mir ist ein Gastgeber für die republikanische Partei. Die Herausforderung für seine Partei ist, wie er sagt, die neuen Wähler am Ball zu halten, die durch Trump generiert wurden und dessen Popularität zu festigen. “Aber packt es so ein, dass es mehr Mainstream ist”. Und er meint: “Sogar im Fall einer Niederlage wird Trump die Zukunft der Partei gestalten.” Er stellte fest, dass kürzlich eine Umfrage von Bloomberg die Republikaner befragte, wer besser ihre eigene Sichtweise und wofür die Partei stehe vertrete: Paul Ryan oder Donald Trump. Die Antwort war ganz eindeutig Trump. Diese Lektion wird von den republikanischen Politikern nicht vergessen werden.

Selbst wenn Trump verliert… was war noch Trumps Wort? … “sehr genau” werden sie wissen, dass ihr persönliches Vermögen davon abhängen wird, dass sie im Wesentlichen die Trump-Linie weiter einhalten.

Trumpismus ist, worum es in der Partei geht.  Wie Paul Krugman berichtet: “unterschwellige Gemeinheit ist ab jetzt Teil der republikanischen DNA”.

 

Für die Medien gilt… naja, “da ist Gold in diesen Hügeln”. Wie Historikerin Nicole Hemmer (Autorin des neuen Buches “Messengers of the Right Conservative Media and the Transformation of American Politics” -“Boten der rechten konservativen Medien und die Transformation der amerikanischen Politik”; ein großartiges Lesevergnügen) gesagt hat; gehen wir zu den Anfängen dieser alternativen Medienunternehmen und sehen wir, wie sie in die Wahlaktivitäten integriert wurden, so wie bei Barry Goldwaters 1964 Präsidentschaftskampagne und bei James L. Buckleys erfolgreicher Wahl  1970 zum US Senator in New York:

“Der Fall Trump ist eine Rettungsleine für die sterbenden Nachrichtenkanäle gewesen, denen er hilft, Jahre von rückläufigen Zuschauerzahlen zu überwinden. Die erste Präsidentschaftsdebatte während der Primärwahlen der Republikaner wurde von einer Rekordzahl von 24 Millionen Zuschauern gesehen, drei mal so viel wie die Zuschauerzahl der am meisten gesehenen GOP (Republikanische Partei) Debatte im Jahr 2012. Laut Advertising Age, berechnete CNN dann 40 mal der normalen Gebühr für Werbespots während der Ausstrahlung des zweiten GOP Kandidaten Forums. Die diesjährigen Werbeeinnahmen haben den Rahmen gesprengt.”

Wie Matt Taibbi bemerkt, hat Trump in keiner seriösen Meinungsumfrage mehr als 47 Prozent der Stimmen erreicht. Jedoch hat er zig Millionen loyale Fans, die auf jeden Fall weiter von ihm hören wollen, selbst wenn er diese Wahl verlieren sollte:

“Seine ständigen Angriffe auf die Journalisten hat nur das Misstrauen seiner Fans gegenüber den Medien als Ganzes bestärkt. Im Zeitalter der Breitband-Internet-und Kabel-Nachrichten sind konservative Nieschen-Medienkanäle noch weiter zu einem Anziehungspunkt der republikanischen Politiker geworden. Roger Ailes Fox News Kanal hat Legionen von erfolglosen GOP Politikern wie Mike Huckabee und Allen West angezogen, ihnen einen Haufen Geld gegeben und auch eine hohe Sichtbarkeit in den besten rechtsgerichteten Medienkanälen. CNN und andere Sender werden am Ball bleiben müssen. Es ist zu dem Punkt gekommen, wo Leute, die sich anschreien, das große Geld bringen.”

Die Mainstream Medien werden sich fragen müssen “was in aller Welt ist hier passiert?!” Denn früher basierte der politische Journalismus auf einem Bild des Politikers, das Journalisten und Politiker teilten.

Wie von den “Mainstream Medien” praktiziert, (definiert als die Profis, die bei Medien wie NBC, ABC, CBS, CNN, PBS, NPR, the AP, The New York Times, The Washington Post, The Wall Street Journal, The Los Angeles Times, USA Today, Reuters, Bloomberg, Politico, Time magazine, etc. arbeiten) beruht der politische Journalismus total auf dem mentalen Bild des amerikanischen Systems, in dem die zwei großen Parteien ähnliche Akteure sind mit einfach “kriegsführenden Philosophien” (das ist ein Satz, den ich von Dean Baquet, Chefredakteur der The New York Times, geklaut habe). Also sind die “Mainstream Medien” daran gewöhnt, einen politischen Alltag zu sehen, mit einer Serie von kleineren Schlachten um taktische Vorteile zu erreichen. Sie sehen auf die Politik wie die Parteibonzen es tun.

Klar, normal! Ein stabiler Rahmen. Wie malerisch.

Wenn man dann aber eine Asymmetrie zwischen den Parteien wie in diesem Jahr bekommt, schmoren die Gehirnschaltkreise der Mainstream Presse durch. Da haben wir doch wirklich eine Partei, die GOP (Republikanische Partei), die ein aufständiger Außenseiter in der amerikanischen Politik ist. Sie war (ist?) ein ideologisches Extrem, unbewegt von konventionellem Verständnis der Fakten, Beweise und Wissenschaft. Ja, sie lehnen “truhiness” ab (eine “Wahrheit”, die dadurch zur Wahrheit wird, weil sie intuitiv als solche empfunden wird. [Anm. des Übers.]).

Ja, ich weiß. Heutzutage sagen wir “Medien” statt “Presse”. Aber das ist ein Fehler. Die Presse ist das Gespenst der Demokratie in der Medienmaschine geworden und ja, wir solten es am Leben erhalten. Aber wir kônnen es nicht. Technologie und ein relativ negativer Zeitgeist hat alles umgeworften.

 

Der große Wegbereiter

 

before-truth-gets-its-boots-on

“Eine Lüge kann um die Welt gelaufen sein, bevor die Wahrheit noch in ihre Strümpfe gekommen ist.”

 

Ich wäre nachlässig, würde ich nicht die sozialen Medien erwähnen. Die wirkliche Veränderung brachten Facebook und Twitter im Jahr 2009. In gewisser Weise ist Trump nur ein Symptom.

Wie John McWhorter (ein amerikanischer Akademiker und Linguist, der als Privatdozent Englisch und komparative Literatur an der Columbia Universität unterrichtet und regelmäßig in The Atlantic Magazine und anderen Publikationen schreibt) sagt:

Beleidigende Sprache und ethnische Beleidigungen und Lügen wurden Routine bei Trumps Wahlveranstaltungen. Twitter und Facebook wurden die Grundlage der täglichen Kommunikation für viele Amerikaner zwischen 2007 und 2009 und revolutionierte die Gespräche über, na ja, alles, und drängte politisches Geschwätz in eine weit gemeinere Richtung.

Aus dieser Sicht ist der Trump Effekt nicht einzigartig, aber er ist:

eine natürliche, fast unvermeidliche Folge der wirtschaftlichen und sozialen Kräfte, ausgelöst durch den schnellen, leistungsfähigen technologischen Wandel, der noch vor Trumps Kandidatur das Land gemeiner, konfrontativer und gespaltener gemacht hatte. Der Populismus, den Trump darstellt, und die sozialen Spannungen, die Millionen von Amerikanern hungrig auf einen wie ihn gemacht haben, erscheinen regelmäßig in der amerikanischen Geschichte. Vorherige Ausbrüche von Populismus waren in der Regel in weniger als einer Generation ausgebrannt und klangen ab, wenn wirtschaftliche Expansion, Krieg oder politische Reformen in den Menschen das Gefühl der Unsicherheit abschwächten.

 

In einem kürzlich erschienenen Stück in New Republic, bemerkte Matt Hower, dass auf Hochschulen Schlachten über Weltanschauungen, Identitätspolitik und die Definition der freien Rede über Jahre hinweg gekämpft wurden. Online hätten viele Amerikaner schon Jahre damit verbracht, in einem virtuellen Ozean der Pornographie, der Schimpfworte und des sexuellen Fehlverhaltens zu schwimmen – lange bevor Trumps grobe Sprache über Frauen und die Anschuldigung unangemessener Annäherungsversuche Inhalt der Kampagne wurde.

Wie die meisten meiner Leser wissen, verbringe ich eine übermäßige eine lange Zeit im Mittleren Osten. Ich war dort im Juni 2014 als die ISIS Irakoffensive begann – die erste Kampagne, die mit einem Hashtag lanciert wurde: der Hashtag #AllEyesOnISIS kündigte die 2014 Invasion an – eine blutige Übernahme, die noch zwei Jahre später die globale Politik verfolgt.

Eine militärische Operation per Twitter anzukündigen, scheint eine merkwürdige Strategie zu sein, aber es sollte uns nicht überraschen, wenn wir deren Quelle betrachten. Der selbsternannte islamische Staat verdankt seine Existenz dem, was aus dem Internet seit dem Aufstieg der sozialen Medien geworden ist – ein riesiger Raum des Online-Austausches, der Konversationen und Streits, der Indoktrination, die von Milliarden von Stimmen wiederholt wird.

Herrje, wir sind immer noch dabei, die Benutzung der sozialen Medien als Werkzeug in einem Konflikt und als dessen Gestalter zu begreifen. Wir versuchen herauszufinden, wie Online-Chats angefangen haben, sich mit der Gewalt im wirklichen Leben in Dutzenden von bewaffneten Auseinandersetzungen rund um den Globus zu überschneiden; wie diese Technologie zur Waffe wurde. Während ich dies schreibe, bin ich übrigens gerade auf meinem Weg nach Jordanien, um eben diesen Punkt zu diskutieren.

Aber zurück zur “Ruhe” der US Präsidentschaftswahlen. Nur ein paar Punkte. Etwa vor drei Jahren schickte mir jemand ein Video-Interview von 2005 mit Mark Zuckerberg, als Facebook immer noch ein Start-Up-Unternehmen war, das von einem Zuckerberg in Studentenalter geleitet wurde. Er bemerkte, dass “Facebook” ein Spiegel dessen sein würde, was im wirklichen Leben existierte.”

Die sozialen Medien sind in der Tat ein Spiegel, der alle Arten von menschlichen Interessen und Ideen reflektiert und sich natürlich auch auf die Politik erstreckt. Tatsächlich stellen wir fest, dass, je mehr wir über das Verhalten in den sozialen Medien lernen, desto auffälliger es wird, dass der Spiegel verzerrt ist – genauer gesagt, dass er uns verzerrt.

Bei aller Hoffnung, die durch die Verbindung mit neuen Leuten und neuen Ideen entsteht, haben die Forscher festgestellt, dass Online-Verhalten durch “Homophilie” geprägt ist, also einer Tendenz, nur solchen Leuten zuzuhören und sich auf sie einzulassen, die so sind wie wir, und alle anderen auszugrenzen. Die sozialen Netzwerke sind schlechte Helfer, wenn man mit solchen Menschen mitfühlen will, die anders als man selbst sind, die aber sehr gut sind, wenn man sich mit Gleichdenkenden umgeben will. Die neuen Ökosysteme greifen nicht Voreingenommenheit an, sondern verstärken sie.

Seit Mai diesen Jahres läuft im The Wall Street Journal ein Projekt mit Namen “Blue Feed, Red Feed” , welches nebeneinander Facebookkommentare und Nachrichtenquellen zeigt, die bei liberalem auf der einen Seite und konservativem Publikum auf der anderen Seite beliebt sind. Man hat das Gefühl, das sie von zwei völlig unterschiedlichen Universen stammen.

Innerhalb von Freundeskreisen oder Gleichgesinnten helfen die sozialen Medien tatsächlich, Verbindungen aufzubauen. Aber je weiter man aus diesem Zirkel herausschaut- auf ganze Gesellschaften oder globale Angelegenheiten- desto mehr sind diese Verbindungen durch Tribalismus und gegenseitigem Misstrauen getrübt.

Aber das Problem ist besonders alarmierend wegen einer anderen Eigenschaft der sozialen Medien: ihre Benutzer sind nicht passive Konsumenten, wie Fernsehzuschauer oder Radiohörer oder sogar frühe Internetbenutzer. Über Plattformen von Facebook, Instagram zu Twitter und Weibo sind wir jetzt alle Informationsgenerierer, Sammler und Verteiler. Wir können aufrührerische Fotos, aufrührerische Texte, aufrührerische Unwahrheiten kreieren. Und natürlich können nachhallende Botschaften unterstützt, angepasst und augenblicklich verstärkt werden.

Die beiden Enden des Kommunikationsprozesses wurden in einer Art und Weise demokratisiert, die keine vorherige Technologie erreicht hat. Die sozialen Medien haben eine Menge von uns zu Beobachtern und auch zu Teilnehmern an der korrupten Politik gemacht. Die Auswirkungen dieser breit angelegte Beteiligung reichen weit über den virtuellen Raum hinaus und sprengen den Rahmen dieses Textes.

So sterben absolut falsche Geschichten, von den viele ganz offensichtlich komisch sind, nicht aus. Sie zirkulieren für Tage unter Blog- und Social-Media-Benutzern. Und ihre Langlebigkeit weist auf eine sehr beunruhigende Entwicklung in unserer Medienlandschaft hin. Soziale Medien wie Facebook haben die Medien demokratisiert und jedem erlaubt, Inhalt zu erstellen und unter Freunden und Familie zu verteilen. Da gibt es eine Menge guter Dinge, aber es zeigt sich, dass es auch ernste Nachteile mit sich bringt. Ohne die traditionellen Qualiätsfilter, die ursprünglich durch die Mainstreamkanäle gegeben waren, gibt es viel mehr Möglichkeiten, dass totaler Unsinn weltweit verbreitet wird.

Die zunehmende Polarisierung von Nachrichten über soziale Medien ermöglicht Liberalen und Konservativen in verschiedenen Versionen der Wirklichkeit zu leben. Und das macht es immer schwieriger für unser demokratisches System zu funktionieren. Aus diesem Grund fliegen Verschwörungstheorien im konservativen Internet herum, von einem konservativen Facebookbenutzer zum nächsten. Ihre Verbreitung wurde noch unterstützt von Leuten wie Matt Drudge, der gern die Aufmerksamkeit der  Zuschauer auf saftige Geschichten lenkt, ohne sich darum zu kümmern, ob sie überhaupt wahr sind.

Das, und die algorithmische Filterung von Facebook und anderen, sowie die “Listenpositionen” schaffen eine exponentielle Verzerrung. Dies ist ein Unterkapitel in meiner künstlichen Intelligenz Serie .

Und die realen Kosten für das alles? Frank Luntz, der ein recht guter Meister im Leiten von Fokusgruppen ist, hat kürzlich über den Effekt von sozialen Medien auf Kinder geschrieben. Er hat bemerkt, dass während die sozialen Medien einer Generation eine Stimme verliehen hat, auch eine steigende Anzahl junger Menschen Hilfe sucht bei ihren Ängsten und sich den Berichten der sozialen Medien aussetzen über die Präsidentschaftswahlen, den Krieg in Syrien und Waffengewalt in den USA. Luntz sieht einen starken Anstieg in der Zahl der Eltern, die ihm sagen, dass ihre Kinder in der Schule Trump-inspirierte Verleumdungen benutzen. Wenn das “ ‘Lügner Thomas’ und ‘Klein David’ in der fünften oder sechsten Klasse” sagen, dann weißt du, das es da ein Problem gibt”.

Lehrer im ganzen Land berichten nicht nur über eine beunruhigende Zunahme der Zahl der Kinder, die Trumps Beleidigungen nachahmen, sondern auch über eine Explosion von Angst unter den Immigrantenkindern, die eine Auslieferung fürchten, selbst wenn ihre Familien legale US-Bürger sind. Er erzählte die Geschichte aus der Roxbury Gegend in Boston, wo eine Englischlehrerin der achten Klasse von einem angstgeschüttelten Schüler überrascht wurde. Als sie fragte, was los sei, antwortetet er, dessen Eltern legal aus Kolumbien eingewandert waren, dass ihn ein Trump-Kampagneschild, das der Besitzter einer Wäscherei in der Nachbarschaft aufgehägt hatte, alarmiert hatte. “Er dachte, dass nun die Einwanderungsbehörde durch das Land fegen würde und er dabei abgeschoben würde, obwohl er legal im Land ist.”

In seiner Lehrerfokusgruppe sagte ein Lehrer, dass “diese Kinder vor dem Erscheinen von Trump sich für die neusten Turnschuhe, für Baseball, Fußball und sogar Sex interessierten und nun absolut auf Trump fokusiert sind.” Ein anderer meinte, “ein Junde brachte mir sein Handy, um mir Trumps Tweets zu zeigen. Sie kennen seine Beleidigungen auswendig. Sie haben Angst.”

Ja, ich weiß. Während einige dies als Beweis für eine weitere Krise unter jungen Leuten sehen, ist es doch wichtig, sich daran zu erinnern, dass Sich-Sorgen ein normaler Teil des Lebens ist. Kinder lernen in der Regel, mit ihren Sorgen umzugehen, wenn sie größer werden.

 

Nachtrag: die amerikanische Zukunft

 

trump-screaming

 

Vielleicht schwelge ich in der Vergangenheit oder ich suche Muster. Aber ich sehe auf den Rhythmus in der Geschichte, auf das was auffällig ist. Wir tendieren dazu, unsere Geschichte und unsere Welt in Stücken zu lernen. Das rührt zum einen daher, dass wir nur Teile der Vergangenheit vorliegen haben (Scherben, Ostraka, Palimseste, zerbröckelte Kodexe, bei denen Seiten fehlen) und sogar für die Gegenwart meist nur Nachrichtenausschnitte, Twitter/Facebook/ein Schwall aus Infos.

Ich glaube, wir brauchen eine Pause von dieser ohrenbetäubenden Kakophonie des täglichen Lärms und sollten die Teile eins neben das andere legen, untersuchen, kontrastieren und vergleichen und dann eine Übersicht bekommen.

Und ich will zugeben, dass ich ein Medientyp bin. Ich genieße diese neueste Technologie. Ja, sie kann zu Unaufmerksamkeit führen, aber sie bietet auch ein bisher unvorstellbares Kaleidoskop von Information… einen infiniten, sich unendlich multiplizierenden Raum. Und die Daten können verwirren, die Webs feuern in rasendem Tempo neue Artikel, Videos und Bilder heraus, sie fügen den Nachrichten alle paar Minuten neue Details hinzu. Blogs, Facebookeinträge, Tublr-Konten, Tweets, Propagandakanäle denken um, leihen und ergänzen sie mit Topspin Information.

 Trump und das Phänomen, das er in den letzten 16 Monaten ausgelöst  hat, stellt uns vor die schwierige Huhn-oder-Ei-Frage: Hat Trump Amerika verändert oder hat er einfach die existierenden Tatsachen deutlich gemacht? Über das Wochenende hat der vorher erwähnte Marc Fisher, ein leitender Redakteur der Washington Post, gebloggt:

Trumps “Brandrodungsmarsch” zu der republikanischen Nominierung und in diesen Herbst hinein ist vielleicht die ultimative Vermischung aus Unterhaltung und Politik, eine grobe, aber doch faszinierende neue Show, die augenscheinlich die politische Sprache verändert und die Trennung vertieft hat in einer schon sowieso polarisierten Nation. Aber ist dies ein einzigartiger Moment, ausschließlich an Trumps “überlebensgroße” Persönlichkeit und seine beißende Rhetorik gebunden oder hat er einen neuen Virus der Konfrontation und des Ärgers auf die Kultur losgelassen?

 

Er spricht damit einen wichtigen Punkt an: hat Trump Amerika die Lizenz zum öffenlich erlaubten Rassismus und ein neues Maß an Verbitterung gegeben? Mein schon erwähnter Freund in der Republikanischen Partei sieht nicht, dass die rauhere Rhetorik eine reine Modeerscheinung ist. “Je gröber die Sprache wird, desto gröber bleibt sie auch. Wir gehen nicht zurück. Wir werden nicht plötzlich höflich und gut zu einander werden.” Er hat bemerkt, dass vor Kurzem in mehreren Fokusgruppen der Tonfall bei Meinungsverschiedenheiten zu einer Art Angriff degeneriert ist, die früher diesen Chatroom zum Schweigen gebracht hätte.

Er sagte, dass es an den Punkt gekommen sei, wo er die Leute nicht mehr davon abhalten könne, einander anzuschreien.

Hmmm…. die größeren Kosten, die aus Trumps Sieg resultieren, oder sogar, wenn Clinton gewinnt. Je schmaler der Abstand zu Trump, desto leichter wird es für ihn sein, Empörung über eine gestohlene Wahl zu wecken Es würde ihm auch mehr Macht über die Republikaner im Kongress geben. Die Gesetzgeber antworten auf das Feedback ihres Distrikts. Nach dem Design von Jefferson ist es das Parlament, wo die Verbindung der Gewählten und der Wähler am energischsten ist.  Wenn Trumps Basis aufgeputscht ist, werden die republikanischen Gesetzgeber sich daran orientieren. Sowieso glauben die meisten ihrer Wähler bereits, dass Clinton unehrlich und korrupt ist. Also ist es kein großer Sprung, Trumps Anschuldigung zu bestätigen, dass die Clintons ein “kriminelles Unternehmen” sind.

 

Und Trump als Präsident? Komplex. Zumal wir nicht wissen, wie die letztendliche Zusammensetzung des Kongresses sein wird. Dass die Republikaner das Parlament kontrollieren, ist klar, dank ihrer Kunst des “Distriktpackens” und der Manipulation.

Und, wie Kyle Kondik in seinem neuesten Buch “The Bellwether: Why Ohio Picks the President” (“Der Leithammel: Warum Ohio den Präsidenten wählt”) (ein Füllhorn der Statistiken über die amerikanische Demographie) so richtig sagt:

“Die Republikaner im Senat sind häufig weniger ideologisch als im Parlament, weil ihre Wählerschaft so viel breiter ist- eher ein ganzer (vielschichtiger) Staat als ein einziger (uniformer) Distrikt- und die breite Öffentlichkeit mit den Immigranten sympatisiert, was nicht überrascht in einem Land, in dem jeder irgendwann von woanders eingewandert ist, häufig erst vor zwei oder drei Generationen.

Wall Street und das korporative Amerika, die sowohl scharf sind auf billige unqualifizierte Arbeitskräfte, als auch auf eingewanderte Talente, mögen offene Grenzen. Ryan, der Freund der “freien Marktwirtschaft”, tut das auch. Also stellt sich die Frage, ob Präsident Trump dem Senat und dem Fraktionsführer im Parlament trotzen kann und eine Allianz mit einer kleinen Gruppe von rechtsgerichteten Peinigern eingehen kann, während er einen großen Teil “seiner” Öffenlichkeit hinter sich schart in einer schon geteilten Nation, die inzwischen weit fortgeschritten auf dem Weg gesellschaftlicher Zwietracht ist.”

Das ist möglich, aber wenn er die Leitfigur ist, die er verspricht zu sein, wird er wohl eher seine verschiedene Kunstgriffe anwenden.

Und Trump müsste sich dem Hindernislauf der Kontrollen stellen, die schon andere Vorgänger mit mehr Erfahrung und Souveränität als er aus dem Sattel geworfen haben.

Sollte Trump schwanken, könnte er schnell zu einem rasenden Aushängeschild oder einem Papiertiger reduziert werden und damit die Autoriät des Amtes verkleinern, nicht vergrößern, wie er versprochen hat.

Mit einem Wort: eine sklerotische Regierung. Eine merkwürdige Art der Minderheitenregierung hat Amerika fest im Griff, wie der Ausdruck “Vetokratie” deutlich macht, der von dem Politiktheoretiker Francis Fukuyama in seinem  Buch “Political Order and Political Decay” (“Politische Ordnung und politischer Zerfall”) von 2014 geprägt wurde. Er erklärt, dass dieser Zustand auf Bill Clintons erster Amtszeit 1993 basiert, als seine Partei die Mehrheit hatte, aber in ihrem Lauf von republikanischen Obstuisten gestoppt wurde. Das gleiche passierte Obama. Mit einer sich abzeichnenden Präsidentschaft von Trump könnte nun die Reihe an der demokratischen Partei sein, die Republikaner zu stoppen. Was Fukuyama und Kyle Kondik in dem beschriebenen Buch denken, ist, dass dies ein Zahlenspiel ist, aber mit einem ideologischen Dreh.  Wenn ich mir einen “Mix” ihrer jeweiligen Ideen erlauben darf, mit ein paar Stücken von Sam Tanehaus, einem amerikanischen politischem Autor des UK’s Prospect Magazine, gemischt:

  1. Die Differenzen in der Taktik der Gesetzgebung der beiden Parteien hat seltener mit Ideologie als mit Zahlen zu tun. Die Demokraten sprechen in großzügigen Worten von Mehrheiten und Allianzen. Du weißt schon: Hillary Clintons “gemeinsam stärker”. Warum? Weil sie, wie Kondick sagt, eine grobe Mehrheit der Öffentlichkeit auf ihrer Seite haben.
  2. Die konservativen Republikaner sind in der Minderheit. Somit ist Obstruktion ihr Markenzeichen. So blockierten die Hardliner das Einwanderungsgesetz früher in diesem Jahr. Wie Fukuyama in einem Blog jener Zeit erläutert, wussten sie, dass, wenn eine Wahl erlaubt gewesen wäre, das Gesetz durchgekommen wäre, durchgedrückt durch die Demokraten und den gerade genug moderaten Republikanern in Staaten wie Kalifornien und Colorado, wo große Teile der Bevölkerung hispanischen Ursprungs sind. Demagographischen Veränderungen helfen im großen Maßstab erstmal den Demokraten, können aber auch einen direkten Effekt haben, die Nicht-Weißen und Progressiven weiter zu verteilen. Insgesamt wächst ihre Zahl, was den Demokraten einen Vorteil bei den Präsidentschaftswahlen geben (sollte), wo jeder wählen kann und viele es tun. Lokaler gesehen dominieren aber immer noch die konservativen Gruppierungen, die in engeren sozialen Gemeinschaften konzentriert sind.
  3. Was Trump laut Tanenhaus wohl verstanden hat, ist, — egal wie ungeeignet Trump für das Amt ist – die Wähler empfinden die resultierende Lähmung als Problem. Er sagt “in einer ideologisch angetrieben Hyper-Anhänger Ära wie der unseren, in der jede Seite hungrig auf jeden Bissen ist, den sie kriegen kann, ist Amerika fest in der Hand einer merkwürdigen Form der Minderheitenregierung.” Das ist Fukuyamas “Amerika der Vetokratie”.
  4. Minderheiten regieren, das ist die wahre Bedeutung von republikanischer Regierung in der modernen Zeit. Aber während dieses System für den Gesetzesgeber funktioniert, hat es die Wähler frustriert, denn am Ende dieses Hin und Hers kommt sehr wenig heraus. Man schaue sich nur das Problem der Notfinanzierung an, um den Zikavirus zu bekämpfen. Obwohl die Bevölkerung danach schrie, wurde diese verzögert, weil statt dessen über geplante Elternschaft dikutiert wurde. Die Ideologie hat es für den Kongress auch unmöglich gemacht, auch nur ein kleines neues Gesetz über Waffenkontrolle durchzusetzen, auch wenn wiedermal die Öffentlichkeit dies unterstützte.
  5. Fukuyama: “Es ist dieser verzahnte Mechanismus eines unpopulären Programms und eines undemokratischen Prozesses, den die Amerikaner vor Augen haben, wenn sie sagen, sie hassen die Regierung. Sie tun dies nicht wirklich. Was sie nicht mögen, ist nicht das Prinzip der zentralen Regierung, sondern das ständige Scheitern, das zu beschaffen, was sie brauchen.
  6. Auf seine eigene verdrehte Weise verspricht Trump groß, die Regierung wieder in Ordnung zu bringen… nur dass die Regierung er selbst sein wird.

 

Mein alter Verleger, John Lindell, sagte immer “ in fast jedem Buch, das ich gelesen habe (andere, als die die ich editiert habe), möchte ich am liebsten den letzten Paragraphen abhacken. Der Autor macht tiefgründige, definitive, häufig kontroverse Aussagen im Laufe seines Werkes und endet dann in einem Caspar Milquetoast”– ähnlichen Paragraph (ein schüchtener Comic Charakter, der sich nicht traut, eine direkte Aussage zu machen) [Anm. des Übers]”. John, in Erinnerung an dich, lass mich folgendermaßen enden:  

Dies waren die merkwürdigsten Wahlen in der modernen amerikanischen Geschichte, in der kein Konsens jeglicher Art zu erreichen scheint.

Wir sind noch 7 Tage von den Wahlen entfernt, die Amerika seit dem Bürgerkrieg am nächsten dem Selbstmord gebracht haben. Trump hat Emotionen aufgewühlt, die schon immer unter Amerikas kultureller Oberfläche brodelten. Der Vormarsch der Technologie hat es nur verschlimmert. Die Führer in Amerika haben dies nicht verstanden. Diese “erduldenden” amerikanischen Stimmen der Vernunft, des Mitgefühls, der Toleranz, der Freiheit, der freien Marktwirtschaft, des Mutes, der Kraft und Hoffnung sind nun bewiesenermaßen das, was sie immer schon waren— Lack—übertönt durch die Stimmen des Hasses.

Wenn man dies noch zusammen sieht mit dem Freispruch der Bundy Brüder, der zeigt wie das Privileg der Weißen die Justiz in Amerika pervertiert, die ständigen Exekutionen von Schwarzen, die Angriffe auf Polizisten aus dem Hinterhalt, die Presse, die aktiv Russlands Versuch, die Wahlen zu manipulieren dadurch begünstigt, dass sie gehackte E-Mails von WikiLeaks als legitime Quellen anerkennt… naja, Mephisto muss stolz sein.

 

Alle diese Emotionen werden nicht weggehen nach dem 8. November und werden eher noch hässlicher werden. Nur Naïve glauben immer noch, dass signifikante Veränderungen in dem globalen Szenario der generellen Überkapazität, der endlosen Kriege und der kraterbildenden Demographie kommen werden. Der USA steht das Schlimmste noch bevor.

2 Replies to “Donald Trump, Medienpolitik und das Geschäft der Empörung”

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